Beinahe täglich, ach eher minütlich, werden in diversen Aquaristik-Gruppen auf Facebook Aquarien gepostet, deren Einrichtung und oder Besatz auf keinste Weise etwas mit artgerechter Zierfischhaltung zu tun haben. Entsprechend erhalten die Themenersteller dann auch Feedback, das auf die gemachten Fehler hinweist und oft auch Ratschläge, wie das Dilemma wieder in den Griff zu bekommen ist.
Reaktionen seitens der Poster solcher Aquarien oft: Es wird pampig jede Kritik zurückgewiesen und darauf bestanden, dass die Einrichtung des Aquariums ja Geschmacksache sei und es nur entscheidend wäre, dass das Becken dem Halter selbst gefällt. Gerne springen dem Themenersteller gleich noch einige bei, die sich jede Kritik verbitten, weil es so überhaupt keinen Spaß mehr machen würde, sein Aquarium vorzustellen. Die beliebteste Ausrede für fehlbesetzte und falsch eingerichtete Ausrede ist wohl, dass der Aquarianer in der Zoohandlung falsch beraten worden sei. Die wollen dort nur verkaufen und deshalb haben die dem armen Beckenbesitzer irgendwas angedreht, was gar nicht passt.
Sorry. So geht das nicht!
Aquaristik heißt nicht, dass du einfach einen Glaskasten mit Wasser vollmachst und dann ohne nachzudenken irgendwelche Deko reinmachst und jeden Fisch ins Becken wirfst, dessen Farbe toll zur Tapete passt oder rein muss, weil dein 3-jähriger Sohn einen Weinkrampf bekommt, wenn er das bunte Fischi nicht bekommt.
Natürlich haben auch Zooläden eine Verantwortung, aber in erster Linie bist du es, der Verantwortung für sein Aquarium und die darin lebenden Tiere hat. Jawohl! Du! Und dein Job ist es, dich zu informieren, bevor du irgendetwas kaufst. Du brauchst hier gar nicht erst nach Ausreden suchen oder versuchen, die Verantwortung auf den Verkäufer zu schieben, den du vielleicht noch nicht mal mit allen wichtigen Infos in einem kurzen Verkaufsgespräch versorgen kannst.
Du hast die Verantwortung auch dafür zu sorgen, dass du so gut informiert bist, dass es im Zooladen zu keiner Falschberatung kommen kann. Das geht damit los, dass du dir zunächst mal 1 bis 2 Einsteigerbücher kaufst. Diese wirklich ließt und hinterher die biologischen Zusammenhänge verstanden hast und weißt, warum ein Weichwasserfisch nicht in hartem Wasser gehalten werden sollte und umgekehrt und wie die Denitrifikation funktioniert.
Dann kannst du dir darüber Gedanken machen, welche Fische du in deinem Aquarium halten willst. Jetzt schaust du, ob die Zierfische in deinem Leitungswasser gut zu halten sind. Wenn nicht und du bist noch Anfänger, dann such dir andere Fische aus. Wenn du etwas Erfahrung hast, dann kannst du auch über eine Aufbereitung des Wassers nachdenken. Dann kannst du die benötigte Beckengröße planen und nimmst natürlich deutlich größer, als es die Mindestbeckengröße für deine Fische erfordern würde. Die Einrichtung planst du nach dem Biotop aus dem deine Wunschfische stammen und nicht nach deinem persönlichen Geschmack. Es kommt auch kein Plastik ins Becken, sondern nur natürliche Einrichtungsgegenstände. Wenn du dir unsicher bist, kannst du jetzt deine Planung mit befreundeten Aquarianern oder im Internet diskutieren. Du kannst die Planung nach diesem Feedback überarbeiten, neu diskutieren, etc. So lange bis du dir zu 100% sicher bist, wie dein Aquarium bis ins kleinste Detail aussehen soll. Jetzt und wirklich erst jetzt gehst du zum ersten Mal in den Aquaristikladen und wenn du dort nicht wirklich das bekommst, was du willst, dann gehst du wieder. Du wirst keinen Kompromiss machen und du wirst es sofort merken, wenn die Beratung in eine Richtung geht, die nicht dem entspricht, was du im Kopf hast. Eine Falschberatung funktioniert hier jetzt nicht mehr, weil es mit deinem Informationsstand nicht mehr möglich ist, dich falsch zu beraten. Die Gefahr besteht nur, wenn du deiner Verantwortung nicht nachkommst und völlig unvorbereitet (mal schnell) ein Aquarium haben willst und glaubst, dass du das genauso kaufen könntest, wie die Nudeln beim Wocheneinkauf.
Ja, Aquaristik ist ein anspruchsvolles Hobby. Wenn du nicht bereit bist, die Zeit für die Vorbereitung zu investieren und du glaubst, dass ein Beratungsgespräch von 10 Minuten ausreicht, damit du am Ende alles über die Fischhaltung weißt, dann ist dieses Hobby nichts für dich. Such dir etwas Einfacheres! Am besten ein Hobby, wo es nicht nötig ist, etwas zu lesen, zu lernen und zu verstehen. Aquaristik heißt, immer und dauerhaft neugierig zu bleiben, Erfahrungen zu machen, zu validieren und fortwährend zu lernen. Offenbar ist das für viele zu anstrengend oder übersteigt ihren persönlichen Horizont. Für die, die diese Verantwortung annehmen und sich darauf einlassen, macht gerade das den Reiz und die dauerhafte Begeisterung für dieses tolle Hobby aus.
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Hallo
Generell gebe ich dir recht aber wozu brauche ich dann noch einen lokalen Fachhandel, wenn nicht für eine fachlich korrekte Beratung. Der Aufpreis für die Artikel gegenüber dem Online Handel muss ja durch irgendwas gerechtfertigt werden und das nicht durch die Bezahlung inkompetenter Verkäufer, die vom Fachgebiet nur ein paar Grundkentnisse besitzen. Man muss aber noch fairer Weise dazu sagen, dass es nicht überall so ist und es auch Zoohandlungen gibt, wo man ordentlich beraten wird.
Gruß Christian
Hallo Christian,
eine fachlich korrekte Beratung würde voraussetzen, dass der Verkäufer zu dir nach Hause kommt, dein Aquarium genau in Augenschein nimmt und sich nicht auf das verlässt, was der Kunde ihm erzählt. Die Annahme, dass eine Falschberatung immer und grundsätzlich auf die Inkompetenz des Verkäufers oder auf seine Profitgier zurückzuführen ist, teile ich in keinster Weise. Es ist für mich nur so, dass das Sammeln der Rahmenparameter ein wirklich großer Aufwand ist, den sicher nur die wenigsten Kunden bezahlen würden oder währst du bereit, dafür vielleicht 100 Euro auf den Tisch zu legen? Viel Geld oder weil es um Lebewesen geht gerechtfertigt?
Es ist heute so einfach, sich zu informieren und der Aquarianer sollte am besten wissen, was in seinem Aquarium passiert. Ich frage mich, wie man auf die Idee kommen kann, die Verantwortung grundsätzlich auf den Verkäufer zu schieben.
Grüße, Tom.
Wenn ich für rund 1000 Euro einen Hundewelpen vom Züchter kaufe, kommt der auch nicht zu mir nach Hause und überprüft das neue Umfeld des Welpen. Aber er fragt mich (so kenne ich es zumindest) sehr, sehr genau nach den Lebensumständen, in die der junge Hund kommen soll, aus.
Etwas ähnliches sollte m.E. auch vom Fischfachverkäufer erwartet werden: Eine Beratung, in die das Erfragen der Haltungsumstände der zu erwerbenden Fische einfließt (damit meine ich z.B.; welche Wasserwerte hat das heimische Aquarium? Welche Wasserwerte braucht der gewünschte Fisch? Kann man die Werte ggf. so ändern, dass der neue Fisch sich wohllfühlt? Analog: Aquariengröße, Aquarieneinrichtung, Beleuchtung, Temperatur, …
Natürlich kann ein Fischfachverkäufer nicht für einen 3-5 Euro „billigen“ Fisch die Zeit aufbringen, die sich ein Hundezüchter für den 1000 Euro teuren Welpen nimmt, aber so im Ansatz sollte der Verkäufer schon überprüfen, ob der/die Fisch(e) in ein artgerechtes Aquarium kommen.
Siehst du, du merkst selbst, dass es für Fische in der Preisklasse nicht die ausführliche Beratung geben kann. Dazu kommt, dass ein Hundezüchter genau über die 1 Rasse berät und Informationen hat, die der Halter benötigt, um genau diesen einen Hund zu halten. Von einem Aquaristikverkäufter erwartest du aber, dass er die Infos für mehr als 1000 gängige Zierfisch-Arten im Kopf hat und zu sämtlichen Vergesellschaftungs-Kombinationsmöglichkeiten sagen kann, ob das genau in der Beckengröße des Aquarianers bei genau dessen Einrichtung und Wasserwerten funktionieren kann?
Für mich ist das einfach eine Frage der Logik, dass das nicht leistbar ist und schon gar nicht bei den Margen, die auf so einem Billigprodukt drauf sind und für mich bleibt das weitere nur eine Ausrede derer, die sich nicht ihrer Verantwortung als Tierhalter stellen wollen und die falsche Beratung gerne als Ausrede nehmen.
Hallo Tom,
ich sehe das genauso wie du. Und ich muß sagen, daß die Anzahl der kompetenten Händler in den letzten 20 Jahren gestiegen ist. Was ich einschränken möchte ist der Trend, daß Baumärkte jetzt immer öfter eine Aquaristik Abteilung haben. Das finde ich eher nicht gut, und sowas macht es den regulären Händlern schwer zu überleben. Aber das ist ja ein anderes Thema. LG Felix Krause
Wie Du mir gerade aus der Seele gesprochen hast – ich kann mittlerweile in den Facebookgruppen schon gar nicht mehr auf entsprechende Postings antworten, weil ich darauf wetten könnte, wie der Gesprächsverlauf sich entwickelt…
Bei anderen Haustieren ist es bestimmt aber auch nicht anders – da wird sicher auch mal spontan ein kleines süßes Meerschweinchen gekaufen, weil das Kind es möchte.
Mit Tierliebe hat das dann nur noch wenig zu tun. Danke für diesen Artikel 🙂
Gruß Timo
Bliebe noch die Frage offen, warum es Ihrer Meinung nach keine Falschberatung gibt. Wenn ich in die Zoohandlung gehe und mir der Verkäufer etwas rät, das falsch ist, dann ist dieser Rat auch dann noch falsch, wenn ich es durch Lesen oder Erfahrung besser weiß. De facto wurde ich also falsch beraten.
Dass es im Bereich Aquaristik tonnenweise verantwortungslose Menschen gibt, die ohne Überlegen ein Becken voller Fische stopfen und sich ihrer wieder genauso verantwortungslos entledigen, wenn sie merken, dass ein schönes Aquarium nicht von allein schön wird, steht außer Frage. In Facebookgruppen gehe ich gar nicht lesen, da lernt man ohnehin nichts und es ist nicht gut für den Blutdruck.
Das alles ändert aber nichts daran, dass sich unter den sogenannten Fachverkäufern ebenso viele unfähige Gestalten tummeln. Mir stehen manchmal die Haare zu Berge, wenn ich Beratungsgespräche mithöre. Zum „sich informieren“ gehört für mich auch das Gespräch mit Verkäufern in einem Fachgeschäft. Von so einem Verkäufer erwarte ich, dass er Wissen vermittelt. Wenn er über dieses Wissen selbst nicht verfügt, dann sollte er nicht beraten.
Die Leiterin einer Aquaristik Abteilung – sie legte extrem viel Wert darauf, dass ihre Kundschaft über ihre Position informiert war – hat mir kürzlich mit dem Brustton der Überzeugung erklärt, dass Skalare unter gar keinen Umständen in Gruppen gehalten werden dürfen, grundsätzlich immer nur im Paar! Hätte ich das – vor 25 Jahren, als ich mit dem Hobby anfing – nach dem Lesen zweier Bücher besser gewusst? Wohl kaum.
Um die Aussage der Verkäuferin zu überprüfen, gehe ich nach Hause und bemühe Google und lande in Foren, in denen man sich auch nur rechthaberisch die Schädel einhaut. Bin ich jetzt mit dem nötigen Wissen ausgestattet? Wohl kaum. Ich kann mir natürlich auch für jede Frage ein Fachbuch kaufen, aber dann richte ich mir vermutlich lieber eine Bibliothek ein, als ein Aquarium.
Ich finde es absolut nicht verwerflich, auf den Rat eines Menschen zu hören, der vermeintlich über ausreichend Wissen verfügt. Dass sich viele Aquarianer über Ratschläge fähiger Verkäufer (welche es zweifelsohne auch gibt) hinwegsetzen und die Fische, von denen ihnen dringend abgeraten wurde, dann im anderen Laden kaufen gehen, weil sie doch so schön zur Farbe der Tapete passen, darüber müssen wir nicht diskutieren. Ich störe mich nur an der Titelzeile, denn es ist wahrlich keine Mär, dass häufig falsch beraten wird und es gibt durchaus auch Falschberatungen.
Eine „Mär“ ist wohl eher, dass man durch das Lesen zweier Einsteigerbücher so fit ist, dass einem keiner mehr einen Bären aufbinden kann und man eine Falschberatung immer sofort als solche erkennt. 😉
Hallo!
Da hast du Eindeutig recht!
Oft sehe ich im Zoogeschäft wie der Verkäufer nach der Aquariengröße fragt und die Käufer ein viel zu kleines Aquarien angeben und sich dann aufregen wieso sie keine Fische bekommen!
Das Wohl der Tiere sollte immer im Vordergrund stehen!
LG Manuel
Hallo! Danke für das Ansprechen der Thematik. Sich selbst fachlich zu schulen, um das Aquarium einrichten zu können, ist sicher eine gute Idee. So ist man im Zweifelsfall sein eigenes Fachpersonal und kann sich selbst helfen, falls der Aquaristikladen um die Ecke mal geschlossen haben sollte 😉
Beste Grüsse